|
| |
Die
Verkehrsbehörde MTA betreibt auch auf Staten Island, isoliert vom übrigen Netz, eine
Eisenbahnstrecke. Die zu New York gehörende Insel, seit Mitte des 17. Jahrhunderts erst
von Holländern, später von Hugenotten besiedelt, war lange Zeit nur durch Fähren zu
erreichen, Busverbindungen existieren erst seit jüngerer Zeit über die Verrazano-Narrows
Bridge. Clifton im Nordosten, im vorigen Jahrhundert der Anlegeplatz aller Fähren,
entwickelte sich zum Verkehrsmittelpunkt auf Staten Island. Von hier entstand 1860 die
erste Eisenbahnstrecke nach Tottenville im Südwesten, entlang der größten Ausdehnung
der Insel. In Tottenville bestand ebenfalls Fähranschluß hinüber nach Perth Amboy. Die
Bahn wuchs mit den Fährlinien immer mehr zu einer Gesellschaft zusammen; ein florierendes
Geschäft wollte sich aber nicht entwickeln. Die negativen Folgen des Unterganges der
Fähre "Westfield" im Jahre 1871 zwangen schließlich auch zur Einstellung des
Eisenbahnverkehrs. Eine Reaktivierung der Strecke erfolgte erst 1884 mit der Übernahme
durch die Baltimore&Ohio Railroad. Die B&O, eine der großen Hauptstrecken an der
Ostküste, versprach sich von ihrer Unternehmung die Anlage eines New Yorker Endbahnhofes
auf Staten Island. Der nördliche Streckenast kam hinzu, desweiteren eine Stichstrecke von
Clifton nach South Beach. Für den Betrieb auf der Insel entstand eine neue Gesellschaft,
die Staten Island Rapid Transit, kurz SIRT, die in den Anfangsjahren einen Verkehr mit
dampfbetriebenen Zügen organisierte. |
Ab 1905
kamen die Fähren von und nach Manhattan unter städtische Regie; ein neues Fährterminal
wurde weiter nördlich, in St. George errichtet, an das die Bahn über eine zweiseitige
Spitzkehre anschloß. Für den Güterverkehr von Bedeutung waren neben den ausgedehnten
Hafenanlagen zwischen Clifton und St. George eine vielzahl kleinerer Anschließer entlang
der gesamten Strecke. |
 |
Fast wie eine U-Bahn: Die Endstation St. George verschwindet fast
vollständig unter dem Busterminal am Fähranleger. Im Anschluß verläuft die Strecke
dann aber tatsächlich durch ein kurzes Stück Tunnel. |
1925 fand
die Aufnahme des elektrischen Betriebes statt. Die Elektrifizierung des Streckennetzes der
SIRT erfolgte mit Hilfe der B&O, im Hinblick auf eine mögliche Tunnelverbindung mit
der Fourth Avenue Line in Brooklyn wurden die technischen Parameter analog der BMT
gewählt. Es kam statt Oberleitung eine seitliche Stromschiene zur Anwendung, und der
neuangeschaffte Fahrzeugpark entsprach den BMT-Standards, jedoch mit abweichender
Anordnung der Türen. Die auf Staten Island eingesetzten Wagen bekamen zusätzliche
Endeinsteige, wie sonst nur bei der IRT üblich. Der Verkehr verteilte sich auf drei
Linien, die alle von St. George ausgehend, Richtung Süden nach Tottenville und South
Beach bzw. entlang der Nordküste nach Arlington führten. Der Personenverkehr auf der
Nordstrecke hielt sich auf Grund der geringer werdenden Resonanz nur bis 1953, danach
wurde die Stromschiene wieder entfernt, weiterhin befuhren aber die Güterzüge diesen
Abschnitt. Die Zweigstrecke nach South Beach hingegen wurde gänzlich stillgelegt und
abgebaut. Heute beansprucht die Mautstation an der Auffahrt zur Verrazano-Narrows Bridge
einen Teil der alten Trasse. Die Reduzierung des Netzes führte zu einem Überbestand an
Fahrzeugen, so daß 30 Triebwagen an die New Yorker U-Bahn abgegeben wurden, die dort
vorrangig auf der Culver Line in Brooklyn verkehrten. |
Ab 1954
mußte die Bahn durch öffentliche Subventionen gestützt werden, 1971 schied schließlich
die Baltimore&Ohio Railroad als Betriebsführerin im Personenverkehr aus, und die
Staten Island Rapid Transit wurde Bestandteil der MTA. Der B&O bzw. ihrer Tochter, der
Staten Island Railway Corporation (SIRC), oblag jedoch weiterhin der Gütertransport. Erst
mit der grundlegenden Neustrukturierung des amerikanischen Eisenbahnnetzes verschwand die
B&O endgültig von der Bildfläche. Seit 1990 ist der nördliche Streckenabschnitt
außer Betrieb, Versuche zu dessen Wiederbelebung werden aber unternommen. |
Mit der
Übernahme durch die MTA begann auch die Erneuerung des Fahrzeugparks. Die seit 1925 im
Einsatz befindlichen Triebwagen der "Standard"-Baureihe wurden durch den neuen
Typ R-44 ersetzt, die 52 Wagen wurden einer für die New Yorker U-Bahn bestimmten
Lieferung entnommen. Zuvor mußten, um den Mangel an Fahrzeugen abzudecken, Triebwagen der
Long Island Railroad angemietet werden, die so bis nach Staten Island kamen. |
 |
Den
Betriebsschwerpunkt der verbliebenen Linie bildet die Station St. George, mit neun
Gleisen und fünf Bahnsteigen. Von der Fähre gelangen die Fahrgäste direkt zu den
Zügen, ein Busterminal überdacht die gesamte Bahnhofsanlage. Richtung Süden unterquert
die Trasse in einem kurzen Tunnel die Abfertigungsanlagen der Autofähre und setzt sich
bis zur Endstation Tottenville zweigleisig fort. Die Strecke ist entweder im
Einschnitt, auf einem Damm oder in weniger bebauten Gebieten auch ebenerdig geführt. Bis
Mitte der sechziger Jahre verlief ein Großteil der Trasse im Straßenniveau, nach einem
schweren Zusammenstoß mit einem Schulbus wurden die Bahnübergänge durch Höher- oder
Tieferlegung der Gleise beseitigt; dabei erhielten auch viele Stationen neue Bahnsteige.
Vorherrschend ist die Anordnung von Seitenbahnsteigen, nur bei vier Bahnhöfen sind
Mittelbahnsteige anzutreffen. Hinter St. George folgen bei Tompkinsville und
Stapleton gleich die ersten beiden. Clifton - hier zweigte ehemals die
zweigleisige Strecke nach South Beach ab - verfügt über Seitenbahnsteige. Nach
einer relativ langen Fahrt halten die Züge in Grasmere erneut am Mittelbahnsteig,
dem vorläufig letzten. Nach Old Town, Dongan Hills, Jefferson Avenue und
Grant City ist die Station New Dorp erreicht. Das von den Holländern
gegründete "Neue Dorf" gehört zusammen mit dem "Alten Dorf", dem
heutigen St. George, zu den beiden ältesten Ansiedlungen auf der Insel. In späterer Zeit
bekam New Dorp den Namen Richmond, zur Unterscheidung vom Richmond County wurde es dann
nochmals in Richmondtown umbenannt. |
Durch die
Staten Island Rapid Transit werden sämtliche Orte an der Ostseite der Insel berührt, in
einer Reihe schließen nacheinander an: Oakwood Heights, Bay Terrace, Great
Kills (mit dem Great Kills Park, einem Naturreservat), Eltingville, Annadale,
Huguenot und Prince Bay. Daran anschließend durchquert die Strecke
sumpfiges Gelände und erschließt erneut bebautes Gebiet bei Pleasant Plains.
Dieses geht nahtlos in den Ortsteil Richmond Valley über, nun bewegt sich die Bahn
am Ufer des Arthur Kill, eine Staten Island an der Westseite vom Festland abgrenzende
Meerenge. Hinter Nassau bietet sich bei der Station Atlantic ein grandioser
Blick auf die den Arthur Kill überspannende Autobrücke des Richmond Parkway
("Outerbridge Crossing", eröffnet 1928) nach Perth Amboy. |
Nach knapp
23 Kilometern und 43 Minuten Fahrt ist das Ziel, Tottenville, erreicht. Die beiden
Gleise enden an einem Mittelbahnsteig, unmittelbar dahinter beginnt das Wasser des
Atlantik. Die Fähre nach Perth Amboy, die bis 1948 der SIRT gehörte, ist seit 1963
außer Betrieb. |
 |
Nah am Wasser
gebaut: kaum einer fährt nach Einstellung des Fährbetriebes, der einst das benachbarte
Perth Amboy an die Bahn anschloß, noch wirklich bis zur Endstation Tottenville.
Daß der Bahnhof etwas unter dem Fahrgastmangel zu leiden hat, läßt u.a. das fehlende
Bahnsteigdach erkennen. |
Die Züge
verkehren werktags jede halbe Stunde, zur Rush Hour alle 20 Minuten, am Wochenende wird
ganztägig im Abstand von 30 Minuten gefahren. Tottenville besitzt eine
dreigleisige Abstellanlage; die Hauptwerkstatt der SIRT befindet sich bei der Station Clifton,
eine weitere Werkstatt für die Gleise und sonstiges Bahnzubehör kommt bei Tompkinsville
hinzu. |
Die etwa
8,5 Kilometer lange Nordstrecke weist einen ähnlichen Charakter wie der betriebene
Abschnitt auf. Die Trasse verläuft im Einschnitt oder erhöht, zu gut der Hälfte bleibt
sie direkt am Ufer des Kill van Kull, einer Verbindung zwischen der Newark Bay und der
Upper Bay. Die Bahnhöfe sind größtenteils noch vorhanden, sie wurden in der Mehrzahl
mit Seitenbahnsteigen angelegt, so in New Brighton, Snug Harbor, Livingston
und West New Brighton. Zwei Stationen, Port Richmond und Tower Hill,
erhielten Inselbahnsteige; westlich von diesen, beim Haltepunkt Elm Park, wird die
über den Kill van Kull führende Bayonne Bridge (1931) unterquert. Die letzten zwei
Stationen, Mariners Harbor und Arlington, besitzen ebenfalls
Mittelbahnsteige. Die Strecke setzt sich durch ein ausgedehntes Sumpfgebiet fort, und
führt über den Arthur Kill nach Elizabeth, wo sie an die Central Railroad of New Jersey
anschließt. |
Die bei Clifton
abzweigende zweigleisige Oststrecke besaß sechs Stationen (alle mit Seitenbahnsteigen),
bei Rosebank, Belair, Fort Wadsworth, Arrochar, Cedar
Avenue und South Beach. Es schloß sich ein weiterer Bahnhof, Wentworth
Avenue an, der aber nur eingleisig bedient wurde - das andere Gleis diente dem
Güterverkehr - und dessen Stillegung schon vor 1953 erfolgte. |
Zum
Anhang
|